Einen Tag vor der Eröffnungfeier startete bereits das Abenteuer FIA Motorsport Games 2024. Die Reise führte erst nach Barcelona, wo ich rund zwei Stunden vom Flughafen entfernt auf einer kleiner Autocross-Strecke ein kurzer Test machen konnte um wieder in den Rhythmus zu kommen.
Am Folgetag stand die Fahrt nach Valencia an, wo am Abend beim berühmten Kunstmuseum Ciutat de les Arts i les Ciències die Eröffnungsfeier mit der Vorstellung der 82 Nationen mit insgesamt 650 Fahrerinnen und Fahrer aus aller Welt stattfand. Die Schweizer Delegation hatte neben mir 9 weitere Fahrerinnen und Fahrer in anderen Disziplinen am Start.
Der Donnerstag stand im Zeichen der Vorbereitungen. Mein belgisches Einsatzteam bezog seinen Platz im Fahrerlager, mein Rennfahrzeug wurde bei der technischen Abnahme auf die Regelkonformität überprüft und die neu gebaute Autocross-Strecke konnte ich erstmals ablaufen. Der erste Eindruck der Strecke war etwas ernüchternd. Im Vergleich zur Autocross-Europameisterschaft, wo auf relativ breiten und flüssigen Strecken gefahren wird, war diese Strecke sehr verwinkelt und eng. Zahlreiche Schikanen, die nur eine Fahrlinie zuliessen, machten klar dass das Überholen äusserst schwierig werden wird.
Nichts desto trotz startete am Freitagmittag das erste Freie Training, wo wir Fahrer uns erstmals mit der Strecke vertraut machen konnten. Noch war die Strecke vom Regen vor zwei Tagen sehr aufgeweicht, schlammig und langsam. Mein 19. Rang von 25 Nationen war noch nicht sehr aussagekräftig, da die Strecke von Auto zu Auto schneller wurde. Vor dem zweiten Freien Training änderten wir die Hinterachsgeometrie um mehr Traktion auf dem sandigen Boden zu erreichen. Ein Schritt in die richtige Richtung. Das Feeling war besser und der Rückstand auf die Spitze mit dem 15. Rang deutlich geringer.
Motiviert ging ich ins erste Qualifying über 4 gezeitete Runden. Das Ziel war ein Platz in den Top 9 zu erreichen, was für den ersten Vorlauf einen Platz in der ersten Startreihe sicherstellen würde. Da alle Teilnehmer andere Startnummern als in der Autocross-EM hatten, startete ich in der ersten Gruppe. Ich konnte gut angasen, doch die Strecke wies bereites einige Löcher und Spurrillen auf und ich hatte jeweils Mühe einen sauberen Drift durch die Kurven zu ziehen. Auf der letzten Runde fand ich die richtige Linie und konnte alle Löcher umgehen und eine starke Runde hinlegen was zur vorläufigen Bestzeit reichte! Doch was waren diese 38.250 Sekunden wert? Gleich anschliessend startete mit dem 3-fachen Europameister David Méat der grosse Favorit und spätere Sieger aus Frankreich. Zu meiner Überraschung verfehlte er meine Bestzeit um 60 Tausendstel! Der Tausendstelkrimi ging weiter, als die Fahrer von Schweden, Niederlanden sowie der Lokalmatator aus Spanien auf der Strecke waren. Nur um wenige Tausendstel konnten sie sich vor mich setzten, auf die Pole-Zeit von Spanien fehlten mir schlussendlich als 4. Platzierter nur 88 Tausendstel! Ich war wirklich happy über dieses Ergebnis, erstmals konnte ich aus eigener Kraft bei vergleichbaren Verhältnissen die Zeiten der besten Crosskartfahrer der Welt mitgehen!
Das zweite Qualifying brachte auf den ersten 5 Rängen keine Veränderungen, die Strecke war welliger und liess keine Verbesserungen mehr zu. Dies bedeutete dass ich am Samstag den ersten Vorlauf neben dem Spanier Ivan Pina Chinchilla als zweiter in Angriff nehmen kann.
Die Vorläufe hätten am Samstag um 10:25 Uhr beginnen sollen. Doch an der Strecke angekommen, wurde schnell klar dass es nicht so schnell losgehen wird. Grosse Teile der Strecke waren vom nächtlichen Regen teilweise bis zu 40 cm unter Wasser! Ein Schwimmanzug wäre die bessere Ausrüstung gewesen, als mein feuerfester Rennoverall. Beim Bau dieser ebenen Strecke wurden keine Drainagen gebaut, das Wasser konnte auf dem verdichteten Boden nirgends abfliessen. Es fehlte an Geräten und es mussten erst Pumpen organisiert werden um das Wasser abzupumen. Das so etwas bei einem solchen Event des Weltverbands FIA passierte, war peinlich. Das Bild der Seen in der Strecke passte bestens zur allgemein schlechten Organisation am Wochenende, was eine Enttäuschung war.
Um 15:00 Uhr mit fast 5 Stunden Verspätung konnte der Rennbetrieb endlich aufgenommen werden. Das Wasser war zwar weg, doch die Strecke teilweise noch voll Schlamm. Trotzdem ging ich zuversichtlich an den Start vom ersten Vorlauf.
Ich startete perfekt und konnte an Chinchilla gleich vorbeiziehen. Nach der ersten Schikane griff mich der Spanier gleich innen an. Doch er verbremste sich deutlich auf dem rutschigen Untergrund, worauf ich souverän die Führung wieder übernehmen konnte. Der letzte Teil der Strecke war noch schlammiger als der Rest. Ich bremste früh und sanft für die Spitzkehre an. Doch schon war es passiert... Das Heck brach leicht aus und im tiefen Schlamm blieben maximales Gegenlenken und auskuppeln wirkungslos. Mein Crosskart drehte sich bis zum Stillstand. Einige darauffolgende Fahrer trafen mich, doch ich konnte irgendwie auf dem 4. Rang weiterfahren. Die Gegner vor mir waren noch nicht weit weg und ich versuchte gleich mit der Aufholjagd. Doch eine Runde später war ich eingangs einer schlammigen Schikane vielleicht 5 km/h zu schnell und touchierte die Böschung. Ohje, erneuter Dreher. Ich fiel bis ans Ende des Feldes zurück. Ich konnte wieder ein Fahrer überholen, doch in der letzten Runde brach als Folge der ganzen Scharmützel ein Querlenker. Im Schritttempo versuchte ich irgendwie noch das Rennen zu beenden, da ich auf keinen Fall schon einen Ausfall als Streichresultat einfahren wollte. Dies gelang, doch schon hatte ich einen grossen Dämpfer hinnehmen müssen. Die Strecke war teilweise wirklich fast unfahrbar, doch die anderen hatten es besser gemacht als ich.
Zum zweiten Rennlauf war die Strecke komplett abegetrocknet und wieder normal fahrbahr. Ich hatte einen guten Start und konnte allen Scharmützeln aus dem Weg gehen und nach einer halben Runden schon den 3. Rang übernehmen. Gleich versuchte ich den Fahrer aus Finnland vor mir unter Druck zu setzen. Doch bereits eine Runde später blockierte plötzlich meine Lenkung komplett. Ich riss wie ein Verrückter doch die Lenkung machte keinen Wank mehr. Ich kam vor einer Böschung zum Stillstand und mein Rennen war vorbei. Sehr frustriert stieg ich aus dem Auto, nichts was ich anders hätte machen konnte. Schon wieder eine gutes Resultat und Ausgangslage für den nächsten Lauf weg. Wir haben anschliessend die Lenkstange auseinander genommen, doch wir konnten keinen gravierenden Schaden feststellen, wohl einfach ein Stein welcher sich unerklärlich im Lenkgetriebe verkantet hat, was für ein Pech…
Am Sonntagmorgen war der letzte Vorlauf, ich musste mindestens Fünfter werden um überhaupt das Halbfinale zu erreichen. Dies gelang mir relativ unspektakulär, endlich mal ein Rennen ohne Drama wo ich auf den 4. Rang vorfahren konnte.
Dies bedeutete den letzten Startplatz für mein Halbfinale wo ein 5. Rang für den Einzug ins Finale nötig war. Erneuert konnte ich gleich einige Ränge gutmachen und bis auf den 6. Rang vorarbeiten, anschliessend schloss ich die Lücke zum 5. platzierten Fahrer aus Deutschland und versuchte in der letzten Runde alles um irgendwie noch ins Finale einzuziehen. Da das überholen praktisch nicht möglich war, versuchte ich vor der drittletzten Kurve auf der letzten Rille anzubremsen. Dabei würge ich meinem Motor ab und fiel auf den 8. Rang zurück, was den 16. Schlussrang bedeutete. Dies spielte aber wegen dem verpassten Finaleinzug auch keine Rolle mehr. Das Defizit von zwei verpatzten Vorläufen mit dem folglich schlechten Startplatz im Halbfinale war einfach zu gross. So endete das Wochenende in einer grossen Enttäuschung, denn ich habe gezeigt dass ich mit meiner starken Pace gut genug gewesen wäre um Medaillen zu kämpfen. Es hat einfach nicht sein sollen, so läuft das manchmal im Motorsport...
Die Enttäuschung wurde schnell relativiert als ich die Bilder von den schrecklichen Überschwemmungen in Valencia, welche keine 24h nach meinem Heimflug eintraten, gesehen habe. Während meines Aufenthalts logierte ich in einem Viertel welches ebenfalls sehr stark von den Überschwemmungen betroffen ist. Dies zeigt einem schnell wieder auf was wichtig und was weniger wichtig ist…
Ich möchte mich bei allen Sponsoren, Partner, Fanclubmitglieder und meinem Team von ganzen Herzen für die enorme Unterstützung bedanken! Sie haben es mir ermöglicht die Schweizer Fahnen in Valencia bei den FIA Motorsport Games zu repräsentieren und mich bestmöglich darauf vorzubereiten! Ein Abenteuer das ich nicht so schnell vergessen werde!
Was nächste Saison geplant ist, steht noch in den Sternen und ist budgetabhängig. Das Ziel wäre natürlich vermehrt in der Autocross-Europameisterschaft antreten zu können und um Podestplätze und Siege zu fahren. Wir werden nächsten Frühling mehr wissen...