Motiviert, aber mit leichten Zweifeln nach dem schwierigen Einstand in der Europameisterschaft in Frankreich, reiste ich nach Maggiora in der Nähe vom Lago Maggiore. Kann ich wirklich mit den Besten von Europa mithalten oder versinke ich wieder am Ende des hart umkämpfen Mittelfeld?
Am Freitag fand neben der Technischen Abnahme am Abend eine Fahrerparade durch das Städtchen Maggiora statt. Die gesamte Altstadt wurde gesperrt und für den Autocross-Tross ein Dorffest organisiert. Die über 140 Fahrer aus den verschiedenen Kategorien liessen zur Freude der zahlreichen Fans und Anwohner ihre Fahrzeuge aufheulen und die Altstadt regelrecht beben, ein wirklich cooles Erlebnis!
Der Samstag startete wie gewohnt mit dem Warm-Up. Von der ersten Kurve an versuchte ich gleich zu pushen. Und siehe da, endlich hatte ich von Anfang an ein gutes Gefühl und konnte mit dem Auto das machen was ich wollte. Dass ich die Strecke aus der Schweizermeisterschaft kannte, half natürlich ebenfalls.
Im ersten Zeittraining fuhr ich gute Rundenzeiten, jedoch keine perfekte Runde, was vorerst den 12. Rang bedeutete. Im zweiten Zeittraining konnte ich wie erwartet auf der frisch gewässerten Piste keine Verbesserung erzielen. Da die Strecke gegenüber dem Morgen an einigen Stellen deutlich schneller wurde, konnten sich anschliessend viele Fahrer verbessern und ich fiel bis auf den 29. Rang zurück.
Etwas frustriert von der Platzierung, aber mit dem Wissen dass ich von der Pace her deutlich weiter nach vorne gehöre, rollte ich zum ersten Vorlauf. In meiner Gruppe startete ich von der 6. Position. Nach einem guten Start konnte ich gleich in der ersten Kurve einen Platz gutmachen. Folgend versuchte ich Druck auf die Vorderleute auszuüben. Kurz darauf leistete sich der Fahrer direkt vor mir im Infield einen Dreher. Knapp konnte ich ausweichen und eine weitere Position gutmachen und als 4. das Rennen beenden. In der Summe aller 5 Gruppen bedeutete dies der 17. Zwischenrang.
Am Sonntagmorgen stand der 2. Vorlauf auf dem Programm. Diesmal wurde ich einer echten Hammergruppe zugeteilt. In der ersten Startreihe standen 3 Fahrer welche im Vorjahr die Europameisterschaft in den Top 5 abgeschlossen haben, darunter der amtierende Europameister Ivan Pina Chinchilla aus Spanien. Nach dem Start versuchte ich den Top 3 so gut es ging zu folgen. Dies gelang mir erstaunlich gut und verlor kaum Meter auf das Trio. In der vorletzten Runde machte Chinchilla in der ersten Kurve einen kleinen Fehler und ich konnte direkt vorbeischlüpfen. Eingangs der letzten Runde hörte ich von meinem Spotter über Funk: “Chinchilla ist sehr nah dran!“. Da wusste ich: “Jetzt verkacke es bloss nicht und fahr alle Kurven eng“. Er versuchte es von allen Seiten, doch ich blieb unter dem immensen Druck fehlerlos. Wow, ich habe gerade einen Europameister geschlagen! Zudem sicherte ich mir dank dem 3. Rang den sicheren Halbfinaleinzug!
Mit dem Erfolgserlebnis ging es in den letzten Vorlauf. Je besser ich diesen abschliesse, desto weiter vorne werde ich im Halbfinal starten können. Von der ersten Startreihe aus konnte ich in der ersten Kurve dem Chaos knapp entweichen und den 3. Rang halten. Ich merkte dass ich schneller als das führende Duo fahren konnte und griff in der letzten Runde den Zweitplatzierten an und konnte an diesem vorbeiziehen und das Rennen direkt hinter dem späteren Finalsieger Nicolas Langhendries beenden.
Dies ergab in der Summe der Vorläufe den 6. Startplatz im zweiten Halbfinale. Ein Top 5 Ergebnis war nötig um ins grosse Finale einzuziehen. Ein guter Start brachte mich gleich um eine Position nach vorne. Als sich kurz darauf ein Fahrer vor mir drehte, reihte ich mich auf dem 4. Rang ein und konnte diese Position erfolgreich bis ins Ziel verteidigen. Yess, das war der Finaleinzug!
Als ich in der Startaufstellung des Finales neben all diesen grossen Namen und Crosskart-Spezialisten stand, wurde mir bewusst was ich dieses Wochenende erreicht habe. Und dies ohne “Dusel“, sondern mit einer starken Pace. Gestartet vom 8. Platz behauptete ich in den ersten Runden diese Position, bis sich der frisch gekürte Europameister David Méat einen Plattfuss einfuhr. Dadurch konnte ich ihn und einen weiteren Konkurrenten überholen. Jener startete in der letzten Kurve der letzten Runde einen Angriff, welchen ich aber gleich kontern und den 6. Platz über die Ziellinie retten konnte. Was für ein Ende eines verrückten Wochenendes! Ich hätte nie gedacht dass ich vom 29. Platz nach dem Zeittraining noch bis auf den 6. Rang (von 41 Startern) vorfahren konnte.
Dafür möchte ich mich ganz herzlich bei allen Sponsoren, Fanclubmitglieder und meinem Team bedanken! In zweieinhalb Wochen findet der letzte Lauf der Autocross-EM im spanischen Mollerussa statt. Das Ziel ist es dort ebenfalls an den Start zu gehen um optimal auf die FIA Motorsport Games Ende Oktober vorbereitet zu sein. Mir fehlt nur noch ganz wenig zur absoluten Spitze und bin überzeugt dass ich diese mit noch etwas mehr Fahrpraxis erreichen kann.